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| Gestern ging es im Parlament um den Stutz. Die Parlamentarier:innen verhandelten zäh, welcher Verwaltungseinheit im nächsten Jahr wie viel Geld zur Verfügung steht. Um 80 Millionen Franken sollte der Haushalt laut dem vom Stadtrat vorgelegten Budget wachsen, fast 50 Änderungsanträge lagen vor. Die bürgerliche «Sparallianz» setzte sich fast überall durch. |
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| Die Ausgangslage in A4-Seiten, die den Parlamentarier:innen vorliegt. Sie entscheiden anhand des 376-seitigen Teil B des Budgets (rechts), der die Posten nach wirkungsorientierten «Produktgruppen» gliedert. Der knapp 200-seitige Teil A ist nach dem kantonsweit vereinheitlichten Rechnungsmodell aufgestellt. |
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| Der Stadtrat legte dieses Jahr ein Budget mit einem Gewinn von 113,6 Millionen Franken vor. Tönt doch eigentlich gut! Ist aber vor allem einer vom Kanton vorgegebenen Neubewertung unbebauter Liegenschaften geschuldet. Von Seiten des Stadtrats wird die finanzielle Lage nach Bereinigung dieses Effekts als «zunehmend anspruchsvoll» beschrieben. Samuel Kocher (GLP) fand in der Sitzung gestern deutlichere Worte: «Wenn man dieses Budgetpäcklein ausgepackt hat, ist das operative Ergebnis tiefrot.» Auch über die Jahresplanung hinausgesehen, sitzt die Stadt auf einem wachsenden Schuldenberg. Es bedürfte zweieinhalb Jahren ohne Ausgaben, um sie auszugleichen. Das drückt aufs Portemonnaie: «Wir zahlen zwanzig Millionen Franken Schuldzinsen pro Jahr», sagte Franziska Kramer-Schwob (EVP). Mitte, FDP und SVP schlugen in dieselbe Kerbe ‒ die «Sparallianz» war lanciert. |
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| | «Wir unterstützen keine Änderungsanträge, deren Wirkung nicht klar ist.» Michael Zundel, Grüne |
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| Mitte bis Rechts fuhr dieses Jahr eine andere Strategie als 2025, wo die Parteien eine «Pauschalkürzung» über sieben Millionen Franken in ein Sammelkonto schrieben ‒ und bei der sich der Stadtrat weigerte, sie umzusetzen. Stattdessen verteilte sie für 2026 kleinere Sparaufträge in den Produktgruppen, mit der Begründung «ungebremstes Ausgabenwachstum muss ein Ende haben» oder «Honorare und Kosten steigen stetig an». Prompt warnte Michael Zundel (Grüne): «Wir unterstützen keine Änderungsanträge, deren Wirkung nicht klar ist.» Und Beatrice Helbling (SP) sagte, die SP werde keinerlei Sparanträge annehmen. Raphael Tobler (FDP) nervte sich ab diesem Dilemma: «Wenn wir konkret sagen, wo gespart werden kann, heisst es ‹Nein, genau hier nicht!›, und wenn wir allgemeiner werden, ist es nicht mehr genau genug.» Finanzvorsteher Kaspar Bopp (SP) fand einen milderen Ton, um sein Budget zu verteidigen. Er freue sich, dass viele Anträge gekommen seien, spüre aber auch die Unzufriedenheit ‒ und gestand Optimierungspotenzial im Budgetprozess zu. Aber nun ab ins Detail! |
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| Im Personalamt … Beantragte die zuständige Kommission eine Reduktion um insgesamt 376’000 Franken, weil die Stadt Ende Oktober überraschend die Einführung eines neuen HR-Tools abgesägt hatte. Dadurch würden Stellen und Kredite nicht mehr benötigt, die extra dafür eingestellt worden waren. Drei entsprechende Anträge wurden diskussionslos und einstimmig angenommen ‒ ein überraschender Auftakt. «Um halb neun sind wir daheim», scherzte Parlamentspräsident Philippe Weber (SP). In der Stadtentwicklung … Sind sowohl der von der Stadt beauftragte Verein House of Winterthur (HoW) als auch die Verwaltung selbst tätig. Ursprünglich wollte der Stadtrat das Pflichtenheft des HoW schmälern und mehr Aufgaben der Verwaltung übertragen. Dagegen wehrte sich das Parlament, und (fast) alles blieb beim alten. Die Aufsichtskommission (AK) schob dem HoW die 100’000 Franken wieder zu, argumentierte aber, die neuen Stellen seien in der Verwaltung bereits aufgebaut worden und beantragte dort eine Kürzung von 250’000 Franken. «Damit habe ich wirklich Mühe», fand Stadtpräsident Mike Künzle (Mitte). Es sei eine Interpretation der Kommission, dass die Stellen bereits geschaffen wurden. Man habe intern lediglich Ressourcen verlagert. Künzle redete stark ‒ aber das war es wohl nicht alleine, was die Sparallianz brach. Schlussendlich wurden auf einen Antrag der Grünen hin nur 100’000 Franken bei der Stadtentwicklung gekürzt. Für die Kulturförderung … Gibt Winterthur 2026 rund 23 Millionen Franken aus. 16,8 Millionen davon werden direkt weitergegeben, grösste Bezüger sind das Musikkollegium (4,1 Millionen), das Kunst Museum (3,1 Millionen) und das Theater Winterthur (4,4 Millionen). Eine vollständige Grafik, wer wie viel erhält, finden Kulturmenschen auf wnti.ch. Angesichts dieser Zahlen wirken die Änderungen eher schmal: Ein Antrag der Kommission für Bildung, Sport und Kultur, 50’000 Franken einzusparen, kam mit 32 gegen 22 Stimmen durch. Mit demselben Stimmenverhältnis abgelehnt wurde ein Antrag der SP, der das Budget für die projektbezogenen Beiträge um 50’000 (statt 5000) Franken anheben wollte. Aus dem Topf erhalten zum Beispiel das Kulturmagazin Coucou und die Jungkunst Geld. Auch das Budget für den Kunstankauf bleibt wie vom Stadtrat vorgeschlagen bei 30’000 statt 60’000 Franken (der Tages-Anzeiger berichtete). Ein Antrag, die Kürzung zu streichen, wurde ebenfalls mit den Voten der Sparallianz abgelehnt. |
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| Wer ist das eigentlich, die Aufsichtskommission, die hier immer wieder vorkommt? Sie übt die Oberaufsicht über den städtischen Finanzhaushalt aus. Oft entstehen im mächtigen Gremium sechs-zu-fünf-Mehrheiten. Ein Indiz, wie sie zustande kommen, gibt die Zusammensetzung. Die Abstimmungen unterliegen dem Kommissionsgeheimnis. (Grafik: WNTI) |
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Nur eine von fünf neuen Stellen bei der Informatik … Das beantragte die AK mit einer sechs zu fünf-Mehrheit. Die Departemente bauten zum Teil eigene Informatikstrukturen auf, statt auf die zentralen Dienste zurückzugreifen, begründete Christian Hartmann (SVP) den Antrag. Er sprach von einer «Schatten-IT». Es müsse eine Strategie des Stadtrats her, danach wisse man, woran man arbeite und könne die restlichen Stellen bewilligen. Genau gegenteilig argumentierten SP und Grüne. Es brauche die fünf Stellen bei den Informatikdiensten, eben, damit es keine Schatten-IT gebe. Zwei ganze Seiten im beleuchtenden Bericht habe man der Begründung gewidmet, weshalb es die Stellen brauche, sagte Stadtrat Kaspar Bopp (SP). Es sei bezeichnend, dass in der Kommission keine einzige Frage dazu gekommen sei. EVP bis SVP setzten die Reduktion um 700’000 Franken aber durch, mit den bekannten 32 zu 22 Stimmen. Eine zusätzliche Stelle im Steueramt … Strich das Parlament auf Antrag der AK wieder. Die Steuerbeamten wollten die zusätzliche Stelle zur einen Hälfte, um eine neue Steuersoftware einzuführen, zur anderen, um im kantonalen Projekt für eine einheitliche Steuersoftware mitzuwirken. Beides werde nun aus bestehenden Stellenprozenten ermöglicht, das schmälere aber die Ressourcen des Steueramts im Tagesbetrieb, warnte die SP. Externe sind im Bereich Immobilien zu teuer … Fand die AK. Zumal das Parlament in der letztjährigen Debatte gefordert hatte, die externen Kosten sollten nicht weiter steigen. Im Budget 26 hatten sich die Kosten für die Dienstleistungen Dritter auf rund 2,1 Millionen Franken fast verdoppelt. Die Kommission beantragte eine Reduktion um 600’000 Franken, sie wurde mit 28 zu 26 Stimmen angenommen ‒ obwohl die EVP hier aus der Sparallianz ausscherte. |
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| Bleibt 2026 eine Visualisierung: das umgebaute Sommertheater am Stadtgarten. (Bild: Stadt Winterthur) |
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| Als Nächstes stand der Kredit für die Sanierung des Sommertheaters auf der Kippe. Solange noch nicht klar sei, wie es genutzt werde, solle kein Geld fliessen, hiess es aus dem bürgerlichen Lager. Romana Heuberger (FDP) sagte, erst seit letztem Mittwoch sei überhaupt bekannt, dass der Musikverband angefragt worden sei, ob er die Bühne bespielen wolle. Ein Konzept fehle, und eine Situation wie beim Pavillon a, Merkurplatz wolle man nicht. Finanzvorsteher Kaspar Bopp (SP) sagte, eine Sanierung wäre für die Verpachtung des «Strauss» essenziell, und aktuell könne das Theater wegen seiner Baufälligkeit überdies gar nicht genutzt werden. Livia Merz (SP) warnte, wenn sie heute nicht bewilligt würden, stiegen die Kosten künftig nur. Denn jetzt könne noch die bereits bestehende Baustelleninstallation des Stadtgartens verwendet werden. Diesem Argument folgte zwar die EVP, die vier Stimmen alleine mochten die Mitte-Rechts-Mehrheit aber nicht zu brechen. Der Verpflichtungskredit über eine knappe Million Franken wurde mit 28 zu 26 Stimmen gestrichen. |
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| Im letzten Parlamentsbrief schrieb ich, das Sitzungsgeld der Parlamentsmitglieder sei um acht und die Entschädigung der Wahlbüromitglieder um zwischen zehn und 300 Franken nach oben angepasst worden. Das war vom Stadtrat zwar so beantragt, in der Kommission jedoch angepasst worden. Tatsächlich betrug die Erhöhung beim Sitzungsgeld zehn Franken, im Wahlbüro maximal 60 Franken, was nur einem Teuerungsausgleich entspricht. Die Aufsichtskommission will zu einem späteren Zeitpunkt über die Anpassung aller Behördenentschädigungen sprechen. |
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| | Genossenschaften dürfen beim alten Busdepot bauen |
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Ohne Diskussion hat das Parlament gestern dafür den Baurechtsvertrag mit drei Genossenschaften einstimmig genehmigt. Das Land gehört damit weiterhin der Stadt, aber die Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft Winterthur (GWG), die Wohnbaugenossenschaft Talgut und die Genossenschaft für Alters- und Invalidenwohnungen (Gaiwo) dürfen das Grundstück für 100 Jahre bebauen und nutzen. Im Gegenzug zahlen sie einen Zins. Aktuell ist dieser mit jährlich 157’000 Franken berechnet, er passt sich aber laufend dem Referenzzinssatz an. 130 Wohnungen wollen die drei Bauträgerinnen auf dem Gelände erstellen, 2029 sollen sie bezugsbereit sein. |
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| | Die denkmalgeschützte «Urhalle» und das Verwaltungsgebäude (Bild) werden in die neue Überbauung (Grafik) integriert. Das Depot beherbergte einst Trams, dann Busse. Bis vor einem Jahr wurde es zwischengenutzt. (Bilder: depot-deutweg.ch) |
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| | Geldsegen aus Parkhäusern und Gashandel |
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| Rund 10,5 Millionen Franken schütten die verschiedenen Eigenwirtschaftsbetriebe von Stadtwerk Winterthur dieses Jahr an den Steuerhaushalt aus. Die Vergütung segnete das Parlament gestern einstimmig und ohne Diskussion ab. Der grösste Mocken, rund fünf Millionen Franken, kommt aus dem Gashandel. Auch bei der Fernwärme, aus der Bereitstellung des Strom- und Gasverteilnetzes floss Geld. Schlecht sieht es im Stromhandel aus, der seit 2023 nichts mehr ausgeschüttet hat. Zu schaffen machte dieser Sparte vor allem, dass eine Beteiligung an norditalienischen Wasserkraftwerken aufgrund Trockenheit in der Region rund zwölf Millionen Franken an Wert verloren hatte. Dazu kam 2023 ein starker Anstieg der Strompreise, beides frass die Betriebsreserve komplett auf. Detailliert nachzulesen sind diese Havarien in einer Anfrage von Fredy Künzler von Ende September (SP). «Ich habe fast ein Déjà-vu, wenn ich die Folien präsentiere», sagte Referent Kaspar Vogel (Mitte) bei der Vorstellung. Seit mehreren Jahren schüttet der Eigenwirtschaftsbetrieb «Parkieren Winterthur» Geld an die Stadtkasse aus. Weitere drei Millionen Franken werden es 2026 sein. Der Betrieb verwaltet die Parkhäuser rund um die Altstadt. Zwei Millionen Franken kommen aus der aktuell zu hoch bemessenen Reserve, eine weitere direkt aus dem Betriebsgewinn. Das Parlament genehmigte auch diese Ausschüttung einstimmig. |
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| | «Ich habe die Zahlen vor mir, aber kann sie nicht nennen», «Das darf ich hier nicht sagen», oder «Wir hatten tatsächlich in der Kommission den Fall, dass eine Amtsleiterin drohte, ‹man werde schon sehen, was passiere, wenn diese Diskussion in die Öffentlichkeit komme›». All diese Sätze fielen so in der gestrigen Debatte. Was die Parlamentsmitglieder hemmt: das Kommissionsgeheimnis. Läck, wüsste diese Redaktion gerne, worum hier gestritten wurde. Bis nächste Woche, dann kommt der zweite Teil der Debatte. Tizian |
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